Wirkungsorientierung in Erprobungsräumen und Kirche
Im Frühling 2024 führte die Forschungsstelle MKG (Missionale Kirchen- und Gemeindeentwicklung) eine Untersuchung zur Wirkungsorientierung von Erprobungsräumen durch. Im November 2023 gab es bereits in Kooperation mit dem MKG eine Winterschool zum gleichen Thema.
Die Ergebnisse der thematischen Fokusuntersuchung zur Wirkungsorientierung von Erprobungsräumen sind als pdf zum Download verfügbar.
pdf_Ergebnisbericht_Wirkungsorientierung
pdf_Präsentation_zur_Ergebnisdarstellung
Außerdem verweisen wir gerne auf die Webseite der Forschungstelle MKG. Dort werden regelmäßige Publikationen zum Thema bereitgestellt.
Webseite der Forschungsstelle MKG
Zusammenfassung: Wirkungsorientierung in den EPR
Die Frage nach den Wirkungen von Initiativen, Maßnahmen und Programmen ist in vielen Handlungsfeldern bereits zentral und erfährt auch im kirchlichen Kontext zunehmend Aufmerksamkeit. Vor diesem Hintergrund führte die Forschungsstelle Missionale Kirchen- und Gemeindeentwicklung (MKG) am Forschungszentrum Christliches Empowerment in der Säkularität (CES) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung der Erprobungsräume (EPR) der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands eine Untersuchung zum Thema Wirkungsorientierung durch. Ziel der Studie war es, mehr darüber zu erfahren, ob und auf welche Weise Erprobungsräume wirkungsorientiert arbeiten und für welche Art von Initiativen Wirkungsorientierung eine Rolle spielt.
In Anlehnung an eine Studie von PHINEO zur Wirkungsorientierung von Non-Profit-Organisationen wurde ein Fragebogen entwickelt, der 1) die Wirkungslogik der Initiativen, 2) sowohl das Ausmaß als auch die Weise der Wirkungsorientierung in den vier Steuerungsphasen Zielsetzung, Strategie, Analyse und Lernen, 3) die Einstellung gegenüber Wirkungsorientierung und bisherige Auseinandersetzung mit dem Thema, sowie 4) Eigenschaffen der EPR erfasste. Alle 51 EPR der EKM wurden per Mail und Zugangslink zur Online-Umfrage eingeladen. Die Stichprobe der 23 EPR, die an der Befragung teilnahmen, lässt eine große Heterogenität der Initiativen in Bezug auf Alter, Förderform, Budget, Team und Betätigungsfelder erkennen.
Unter den beteiligten EPR war die Wirkungsorientierung insgesamt recht hoch ausgeprägt: In Anwendung der angepassten PHINEO-Indikatoren erwies sich ein Drittel der EPR als »stark wirkungsorientiert« und ca. ein Viertel als »wenig wirkungsorientiert«. Der Anteil der »ansatzweise wirkungsorientierten« EPR war am größten ausgeprägt. Dabei ließen sich Unterschiede zwischen den verschiedenen Steuerungsphasen erkennen: So war die Wirkungsorientierung der EPR in den Phasen Zielstellung und Lernen höher ausgeprägt als in den Phasen Strategie und Analyse. Der Abgleich der selbst eingeschätzten Wirkungsorientierung mit der indikatorbasierten Klassifikation zeigte, dass EPR die eigene Wirkungsorientierung tendenziell überschätzten.
Die Einstellung gegenüber Wirkungsorientierung stellte sich ganz überwiegend als positiv dar. Alle beteiligten EPR gaben an, dass das Thema für ihre eigene Initiative relevant sei, drei Viertel haben sich bereits intensiv oder punktuell damit befasst. Alle Vorteile von Wirkungsorientierung wurden überwiegend bejaht, so stimmten z.B. alle EPR zu, dass Wirkungsorientierung zur Klarheit in Bezug auf Zielsetzung und Strategie beitrage. Mit Wirkungsorientierung verbundene Nachteile und Herausforderungen wurden überwiegend verneint. Am meisten stimmten EPR hier der Aussage zu, durch mangelnde personelle und zeitliche Ressourcen davon abgehalten zu werden, stärker wirkungsorientiert zu arbeiten.
In der Zusammenhangsanalyse zeigte sich: Je positiver EPR gegenüber Wirkungsorientierung eingestellt waren und je mehr sie sich bisher mit dem Thema befasst haben, desto stärker war ihre Wirkungsorientierung ausgeprägt. Auch die selbst eingeschätzte Wirkungsorientierung und die Zufriedenheit damit, hingen statistisch signifikant mit dem Gesamtwert der indikatorgestützten Wirkungsorientierung zusammen. Zudem erwiesen sich strukturelle Merkmale der EPR als relevant: Mit der Zugehörigkeit zu einer höheren Budgetgruppe stieg die Wirkungsorientierung an und insbesondere bei EPR aus bildungsnahen und sozialdiakonischen Tätigkeitsfeldern erwies sich die Wirkungsorientierung als hoch.
Da die Teilnahme an der Befragung freiwillig und damit nicht zufällig war, können die Ergebnisse nicht als repräsentativ für die Grundgesamtheit der EPR angesehen werden. Stattdessen ist davon auszugehen, dass die Ergebnisse positiv verzerrt sind, da wahrscheinlich eher EPR teilnahmen, die das Thema für relevant hielten. Die Befragung rückt somit eine bestimmte Gruppe von EPR in den Fokus, in welcher Kirche auch im Erprobungskontext, der meist mit Bewegungs- und Netzwerklogiken in Verbindung gebracht wird, organisationsförmig Gestalt gewinnt. Für Initiativen, welche Wirkungsorientierung stärker im Konflikt zur dynamischen Projektrealität und Ergebnisoffenheit des Erprobungsmodus erleben, kann Wirkungsorientierung dennoch als Einladung zur Reflexion der eigenen Handlungsstrategien und Installation von Lernschleifen in Erscheinung treten.
Für die Forschung ergibt sich hier die Anschlussfrage, wie sich Wirkungsorientierung auch für kleinformatige Projekte angemessen operationalisieren ließe. Für die verschiedenen kirchlichen Handlungsfelder bedeutet die Auseinandersetzung mit Wirkungsorientierung eine weitere Chance, mit und von EPR zu lernen, nach den Zielen kirchlichen Handelns zu fragen und Kirche weiter in Richtung einer lernenden Organisation zu entwickeln.
Von: Tabea Fischer & Felix Eiffler (26.07.2024)